Was ist "Schmerz" – und wie entsteht er?
Im Gespräch mit den Schmerzexperten Dr. med. Michael Schmitt und Vasileios Moschonakis
Warum haben wir eigentlich Schmerzen?
Dr. Klimczyk: Schmerzen warnen uns z.B. bei einer Verletzung. Sie sind demnach sinnvoll und haben eine schützende Funktion, indem sie unseren Körper vor einer Überlastung bewahren. Meist klingen akut auftretende Schmerzen von selbst wieder ab, sobald die auslösende Ursache geheilt bzw. beseitigt worden ist.
Was ist Schmerz und was passiert dabei in unserem Körper?
Dr. Klimczyk: Die Schmerzempfindung ist ein Teil unseres Sinnessystems, mit dem wir unsere Umwelt und uns selbst wahrnehmen. Werden die „Schmerzfühler“ (Nozizeptoren) erregt, leiten Nervenbahnen das Schmerzsignal zum Rückenmark und über das Zwischenhirn zu bestimmten Bereichen des Gehirns weiter. Es gibt Bereiche des Hirnstamms, die hemmende Impulse an das Rückenmark senden können. Das heißt, bestimmte Botenstoffe wie körpereigenes Morphin können einen akuten Schmerz vorübergehend unterdrücken. Die Schmerzweiterleitung wird gebremst. Diesen Filterprozessen des zentralen Nervensystems verdanken wir es, dass eine körperliche Schädigung nicht zwangsläufig zum Schmerz führt. Im Umkehrschluss können Schmerzen aber auch ohne erkennbare körperliche Schädigung bestehen. Wie und wie intensiv wir einen Schmerz wahrnehmen, hängt dabei von vielen einander beeinflussenden Faktoren ab. Wir nennen das in der Medizin „bio-psycho-sozialer Schmerz“.
Wie entsteht chronischer Schmerz und was ist darunter zu verstehen?
Dr. Schmitt: Die Betroffenen leiden zu Beginn oft unter einem akuten Schmerz, der durch eine Verletzung bzw. Krankheit verursacht wird. Daraus entwickeln sich mit der Zeit chronische Schmerzen, die nach Heilung der ursächlichen Schädigung bestehen bleiben. Vom chronischen Schmerz bzw. einem Chronischen Schmerzsyndrom spricht man, wenn der Schmerz mindestens drei bis sechs Monaten fast immer vorhanden oder oft wiederkehrend ist. Er führt zu körperlichen, körperlich-kognitiven und sozialen Beeinträchtigungen. Der Schmerz ist für den Betroffenen das vorherrschende Symptom der Beschwerden. Er stellt somit eine eigenständige Erkrankung dar, die oft keine klar erkennbare Ursache mehr hat. Heute leidet etwa jeder 10. Mensch unter chronischen Schmerzen. Kopf- und Rückenschmerzen sind hierbei die häufigsten Beschwerden. Diese chronischen Schmerzen beeinträchtigen alle Lebensbereiche und führen u.a. zu Schlafstörungen, Appetitmangel und depressiven Verstimmungen. Alltag, Beruf und Freizeit sind häufig eingeschränkt. Das Leiden der Betroffenen wird zudem oft wegen des Fehlens einer körperlichen Schädigung erschwert. Neben den körperlichen Faktoren sind auch seelische und soziale Faktoren nicht unwichtig. All diese Faktoren wirken auf das Schmerzempfinden. Auch können schmerzhafte körperliche oder seelische Erfahrungen aus der früheren Lebensgeschichte wie Überzeugungen, die sich in unseren Gedanken und Gefühlen widerspiegeln, eine Rolle spielen. Die Art und Weise, wie Mitmenschen damit umgehen, beeinflusst ebenfalls das Schmerzerleben.
Welchen Einfluss kann Stress haben?
Dr. Schmitt: Erkrankungen wie Rheuma sind oft mit wiederkehrenden oder andauernden Schmerzen verbunden. Sie zeigen deutliche körperliche Veränderungen. Die Entstehung lang anhaltender Schmerzen, die nicht mit einer körperlichen Schädigung einhergehen, wird besonders durch Stress begünstigt. Körperlicher, psychischer und sozialer Stress gehen oft mit andauernder muskulärer Anspannung einher. Der andauernde Druck bzw. Zug, der durch die permanente Anspannung entsteht, verändert die Nervensensibilität. Die Folge sind Schmerzen in Muskeln, Sehnenansätzen, Knochenhaut oder auch im Bindegewebe – ein Teufelskreis aus Anspannung, Schmerz, Bewegungseinschränkung und schneller Erschöpfung. Dieser andauernde Schmerz warnt den Betroffenen nicht mehr vor einer akuten Gefahr. Vielmehr warnt er vor einer länger dauernden oder wiederkehrenden Überlastung. Daneben können auch weit zurückliegende Lebensereignisse wie ein Unfall die Stress- und Schmerzempfindlichkeit beeinflussen. Haben dann erst einmal stressbedingte Schmerzen die Empfindlichkeit des schmerzleitenden und schmerzverarbeitenden Systems erhöht, können selbst leichte Reize wie eine sanfte Berührung den Betroffenen schmerzen. In der Folge können die überempfindlichen Nervenzellen ohne Außenreiz aktiviert werden und Schmerz erzeugen – der Übergang vom Akut- zum chronischen Schmerz.
Wie werden Schmerzpatienten behandelt?
Dr. Klimczyk: Akute Schmerzen lassen sich in der Regel durch medizinische und physikalische Maßnahmen therapieren. Nicht selten heilt der Körper auch sich selbst. Patienten mit chronischen Schmerzen hingegen werden multimodal therapiert. Unter einer multimodalen Schmerztherapie versteht man die Nutzung vielfältiger Ansätze und Methoden durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachgebiete. Das heißt, es werden einzelne alternative Behandlungsweisen der Schmerztherapie parallel und integrativ angewendet. Diese fachübergreifende Therapie wird auf die individuellen Krankheitsanteile des Betroffenen zugeschnitten:
Generell müssen Schmerzpatienten aktiv an der Therapie mitwirken. Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen ist erforderlich, damit die Behandlungsmaßnahmen auch langfristig erfolgreich sind.
Quelle: Deutsche Schmerzgesellschaft – Flyer (PDF)
Warum haben wir eigentlich Schmerzen?
Dr. Klimczyk: Schmerzen warnen uns z.B. bei einer Verletzung. Sie sind demnach sinnvoll und haben eine schützende Funktion, indem sie unseren Körper vor einer Überlastung bewahren. Meist klingen akut auftretende Schmerzen von selbst wieder ab, sobald die auslösende Ursache geheilt bzw. beseitigt worden ist.
Was ist Schmerz und was passiert dabei in unserem Körper?
Dr. Klimczyk: Die Schmerzempfindung ist ein Teil unseres Sinnessystems, mit dem wir unsere Umwelt und uns selbst wahrnehmen. Werden die „Schmerzfühler“ (Nozizeptoren) erregt, leiten Nervenbahnen das Schmerzsignal zum Rückenmark und über das Zwischenhirn zu bestimmten Bereichen des Gehirns weiter. Es gibt Bereiche des Hirnstamms, die hemmende Impulse an das Rückenmark senden können. Das heißt, bestimmte Botenstoffe wie körpereigenes Morphin können einen akuten Schmerz vorübergehend unterdrücken. Die Schmerzweiterleitung wird gebremst. Diesen Filterprozessen des zentralen Nervensystems verdanken wir es, dass eine körperliche Schädigung nicht zwangsläufig zum Schmerz führt. Im Umkehrschluss können Schmerzen aber auch ohne erkennbare körperliche Schädigung bestehen. Wie und wie intensiv wir einen Schmerz wahrnehmen, hängt dabei von vielen einander beeinflussenden Faktoren ab. Wir nennen das in der Medizin „bio-psycho-sozialer Schmerz“.
Wie entsteht chronischer Schmerz und was ist darunter zu verstehen?
Dr. Schmitt: Die Betroffenen leiden zu Beginn oft unter einem akuten Schmerz, der durch eine Verletzung bzw. Krankheit verursacht wird. Daraus entwickeln sich mit der Zeit chronische Schmerzen, die nach Heilung der ursächlichen Schädigung bestehen bleiben. Vom chronischen Schmerz bzw. einem Chronischen Schmerzsyndrom spricht man, wenn der Schmerz mindestens drei bis sechs Monaten fast immer vorhanden oder oft wiederkehrend ist. Er führt zu körperlichen, körperlich-kognitiven und sozialen Beeinträchtigungen. Der Schmerz ist für den Betroffenen das vorherrschende Symptom der Beschwerden. Er stellt somit eine eigenständige Erkrankung dar, die oft keine klar erkennbare Ursache mehr hat. Heute leidet etwa jeder 10. Mensch unter chronischen Schmerzen. Kopf- und Rückenschmerzen sind hierbei die häufigsten Beschwerden. Diese chronischen Schmerzen beeinträchtigen alle Lebensbereiche und führen u.a. zu Schlafstörungen, Appetitmangel und depressiven Verstimmungen. Alltag, Beruf und Freizeit sind häufig eingeschränkt. Das Leiden der Betroffenen wird zudem oft wegen des Fehlens einer körperlichen Schädigung erschwert. Neben den körperlichen Faktoren sind auch seelische und soziale Faktoren nicht unwichtig. All diese Faktoren wirken auf das Schmerzempfinden. Auch können schmerzhafte körperliche oder seelische Erfahrungen aus der früheren Lebensgeschichte wie Überzeugungen, die sich in unseren Gedanken und Gefühlen widerspiegeln, eine Rolle spielen. Die Art und Weise, wie Mitmenschen damit umgehen, beeinflusst ebenfalls das Schmerzerleben.
Welchen Einfluss kann Stress haben?
Dr. Schmitt: Erkrankungen wie Rheuma sind oft mit wiederkehrenden oder andauernden Schmerzen verbunden. Sie zeigen deutliche körperliche Veränderungen. Die Entstehung lang anhaltender Schmerzen, die nicht mit einer körperlichen Schädigung einhergehen, wird besonders durch Stress begünstigt. Körperlicher, psychischer und sozialer Stress gehen oft mit andauernder muskulärer Anspannung einher. Der andauernde Druck bzw. Zug, der durch die permanente Anspannung entsteht, verändert die Nervensensibilität. Die Folge sind Schmerzen in Muskeln, Sehnenansätzen, Knochenhaut oder auch im Bindegewebe – ein Teufelskreis aus Anspannung, Schmerz, Bewegungseinschränkung und schneller Erschöpfung. Dieser andauernde Schmerz warnt den Betroffenen nicht mehr vor einer akuten Gefahr. Vielmehr warnt er vor einer länger dauernden oder wiederkehrenden Überlastung. Daneben können auch weit zurückliegende Lebensereignisse wie ein Unfall die Stress- und Schmerzempfindlichkeit beeinflussen. Haben dann erst einmal stressbedingte Schmerzen die Empfindlichkeit des schmerzleitenden und schmerzverarbeitenden Systems erhöht, können selbst leichte Reize wie eine sanfte Berührung den Betroffenen schmerzen. In der Folge können die überempfindlichen Nervenzellen ohne Außenreiz aktiviert werden und Schmerz erzeugen – der Übergang vom Akut- zum chronischen Schmerz.
Wie werden Schmerzpatienten behandelt?
Dr. Klimczyk: Akute Schmerzen lassen sich in der Regel durch medizinische und physikalische Maßnahmen therapieren. Nicht selten heilt der Körper auch sich selbst. Patienten mit chronischen Schmerzen hingegen werden multimodal therapiert. Unter einer multimodalen Schmerztherapie versteht man die Nutzung vielfältiger Ansätze und Methoden durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Fachgebiete. Das heißt, es werden einzelne alternative Behandlungsweisen der Schmerztherapie parallel und integrativ angewendet. Diese fachübergreifende Therapie wird auf die individuellen Krankheitsanteile des Betroffenen zugeschnitten:
- Diagnosestellung durch ein interdisziplinäres Team
- Patienteninformation
- Kritische Prüfung medizinischer Eingriffe und medikamentöser Dosierungen
- Aktivierende Bewegungstherapie
- Entspannungstraining
- Psychologische Therapie
- Regelmäßige Überprüfung der Therapiemaßnahmen
Generell müssen Schmerzpatienten aktiv an der Therapie mitwirken. Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen ist erforderlich, damit die Behandlungsmaßnahmen auch langfristig erfolgreich sind.
Quelle: Deutsche Schmerzgesellschaft – Flyer (PDF)